Fruchtglühwein aus Coswig ist auf dem Dresdner Striezelmarkt begehrt. Torsten Sell braut den seit 24 Jahren in seiner Kelterei. Was drin steckt, ist geheim.
In Saftkeltereien herrscht Hochbetrieb / Sell seit 50 Jahren in Coswig
Von Christina Dirlich
Der Duft von Äpfeln liegt in der Luft. Er führt durch ein unscheinbares Wohngebiet, hinein in den Hof der Süßmost und Weinkelterei Sell in Coswig. Hier herrscht reger Betrieb. Ein Mann hebt einen Jutesack auf die Waage. Dann lässt er die Äpfel aller Sorten und Couleur auf das breite Förderband purzeln. Verfaultes und aufgeschnittene Stücke nehmen wir hier sofort raus, sagt Torsten Sell, der Juniorchef. In den letzten Septembertagen bringen die Kunden die frische Ernte. Im Jahr werden hier rund 500 Tonnen Obst zu Säften verarbeitet. Der Herbst ist die Hochzeit für Äpfel.
Vor allem Privatleute bringen ihre Ernte.
Über ein Förderband laufen die Früchte in eine Halle. Dort steht eine moderne Bandpresse neben einer Packpresse älteren Jahrgangs. Mit der verarbeiten wir Beeren und Trauben, sagt Werner Sell. Neben Säfte stellen die Sells auch Wein her. Seit 1996 führen Vater und Sohn den Betrieb zusammen. Sechs Mitarbeiter arbeiten hier. Vor 50 Jahren hatte Kurt Sell, der Großvater die Kelterei gekauft.
Werner Sell schaltet die Maschine ein. Die Äpfel fallen in ein Wasserbecken, wo sie gewaschen werden. Dann werden sie gemahlen. Die Maische, die aus den grob zerkleinerten Früchten besteht, läuft dann zwischen diese zwei Kunststoffbänder“, erläutert Torsten Sell. Diese Bänder führen über mehrere Rollen, unten fangen Bleche den Saft auf, der in einen großen Behälter vor der Presse geleitet wird. Ein Kilogramm Äpfel ergibt 700 Milliliter Saft. Auf der Flüssigkeit sammelt sich eine fünf Zentimeter breite Schicht Schaum, die Werner Sell mit einer Schaufel abschöpft. Hinten fallen die Fruchtreste in einen Bottich.
Gestern haben wir 50.000 Liter produziert, an anderen Tagen ist es weniger, je nachdem wie die Früchte angeliefert werden, sagt Werner Sell. Problemlos könnten in der Bandpresse auch kurzerhand Birnen oder andere Früchte zu Saft verarbeitet werden, auch Mischungen werden in Flaschen abgefüllt. Überwiegend Privatleute bringen ihre Ernte her, um sie gegen Saft zu tauschen. Es gibt immer mal Kunden, die den Saft ihrer Äpfel trinken wollen, die nehmen ihn dann von der Presse weg, sagt Torsten Sell. Denn bis der Saft in Flaschen abgefüllt ist, vergeht ein Tag. Doch auch Obstbaugemeinschaften zählen zu Sells Kunden, die bekommen Flaschen mit ihrem eigenen Etikett.
In Coswiger Mosterei wie seit 50 Jahren in jedem Herbst Hochbetrieb
Von BIRGIT ANDERT
Coswig. Die beachtliche Schlange ist schon von der Straße aus zu sehen. Autos mit kiloweise Äpfeln bepackt sei es in Kartoffelsäcken, Wäschekörben oder Anhängern – reihen sich eins an das andere. 50 bis 100 Kunden zählt Torsten Sell jetzt jeden Tag, denn das Obst ist reif – und die Leute wollen Saft. “Dieses Jahr ist das Obst ein bisschen später dran als sonst”, sagt der Geschäftsführer der Coswiger Süßmost- und Weinkelterei Sell GmbH und nimmt einen Apfel in die Hand. “Außerdem merkt man die zwei trockenen Sommer in Folge.” Zu klein seien die Früchte, sagt er fachmännisch und blickt über das Meer von gelben, roten und grünen Äpfeln, die lautstark auf das Fließband prasseln. Was an der Masse fehle, mache jedoch die Qualität wieder wett. 54 Grad Öechsle habe man zuletzt gemessen – ein sehr guter Wert für einen sehr guten Saft, der bereits einem Tag nach der Anlieferung fertig gefiltert und pasteurisiert in die Flaschen gefüllt werden kann.
Etwa eine halbe Million Flasche füllt die Lohnmosterei jedes Jahr mit frisch gepressten Säften – den größten Anteil machen mit etwa einem Fünftel die Apfelsäfte – gefiltert oder naturtrüb aus. Neben Äpfeln, Birnen und Quitten bringt die Kelterei aber mit einer zweiten Presse auch Johannisbeeren, Stachelbeeren und Sauerkirschen in die flüssige Form. „Das ist für die Leute natürlich aufwändiger“, weiß Sell. „Ehe man zehn Kilogramm Johannisbeeren zusammen hat ist eine Stunde vergangen.“ Was die wenigsten wissen: Aus Weintrauben keltert der Familienbetrieb in dritter Generation nicht nur Saft, sondern auch Wein. „Das machen wir jetzt im zwölften Jahr“, sagt Sell, der selbst ein ausgebildeter Weinküfer ist. Um die 200 Kleinwinzer nutzen diese Möglichkeit inzwischen – jedes Jahr verlassen bis zu 10 000 Flaschen Wein (Flaschenpreis: 1,60 Euro) die Kelterei.
In Familienhand, ist der Betrieb seit genau 50 Jahren, als Großvater Sell, die bereits seit 1927 bestehende Kelterei kaufte. Seit 1996 betreibt Enkel Torsten Sell die Kelterei nun mit seinem Vater als GmbH, laut seiner Aussage schreibt der Betrieb mit sechs Beschäftigten schwarze Zahlen. Etwa 2000 bis 3000 Kunden aus der Region von Riesa bis Dresden bringen ihre Früchte in die Lohnmosterei Sell, anlässlich des 50jährigen Bestehens wird dieses Jahr jeden Tag einer von ihnen ausgelost und erhält nachträglich 50 Prozent Rabatt.
Geschäftsführer Torsten Sell sortiert faulige Äpfel vom Fließband aus. In der nächsten Station werden die Früchte gewaschen, zerkleinert und gepresst. Maden können nicht entfernt werden – sie landen mit im Saft, der einen Tag später in die Flaschen kommt. Foto: Birgit Andert Dresdner Neueste Nachrichten
SERVICE Verarbeitung in Lohnmosterei: Schwarze, rote und weiße Johannisbeeren; Stachelbeeren (vollreif); Sauerkirschen; Quitten; Äpfel; Birnen (hartreif). Preis: Für zehn Kilogramm Äpfel bzw. Birnen erhält man acht Flaschen Saft (zu je 0,37 Euro/Flasche), für 10 kg. aller anderen Obstsorten 14 Flaschen Saft.
Info: Süßmost- und Weinkelterei Sell GmbH, Steinbacher Weg 115, Coswig, 03523/7749600; Internet: www.kelterei-sell.de (wird in den kommenden Tagen freigeschaltet)
Geschäftszeiten: ganzjährig Mi.,14-18 Uhr; Saison (bis 30. Oktober): Mo. bis Do. 14-18; Nov. Mo. + Mi. 14-18 Uhr
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